Arjuna sieht seine geistige Unklarheit ein und bittet Krishna um Rat. Er benennt seinen geistigen Makel als „Mitleid“ und erkennt, dass er seine „Pflicht“ vernachlässigt. „Pflicht“ hat für uns – nach den kollektiven Erfahrungen vor allem des Zweiten Weltkrieges, des Kalten Krieges, des Sozialismus, Kapitalismus und weiterer „-ismusse“ – heute eine starke negative Konnotation.
Zurecht. Der Begriff steht heute für ein unreflektiertes, unhinterfragtes Befolgen von Befehlen. Und das ist – nicht nur nach Meinung einiger der größten Denker unserer Zeit und Vorreiter einer humanen globalen Gesellschaft, wie zum Beispiel Ken Wilber oder Marshall Rosenberg – die größte Gefahr für unsere Gesellschaft schlechthin. Was im damaligen Kontext mit „seine Pflicht ausüben“ gemeint wurde, würde heute vielleicht besser formuliert sein durch „Verantwortung übernehmen“ – also eher in die Richtung gehen, nicht nur die eigenen, persönlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen, sondern auch die anderer bei seinem Handeln mit zu bedenken; ja überhaupt irgendwessen Bedürfnisse zu bedenken. Denn beim heutigen Alltagsverständnis von „Pflicht“ und „Gehorsam“ findet diese Reflektion – welchem Bedürfnis welcher Person mit einem bestimmten Handeln überhaupt gedient sei – gar nicht statt. Eben das macht es unpersönlich, entmenschlicht – und damit so gefährlich. Arjuna erkennt hier, dass sein Handeln allein persönlichen Bedürfnissen entspringt – dass ihm der Blick auf die Bedürfnisse anderer Beteiligter / größerer Gruppen fehlt. Dies meint er, wenn er sagt, dass er sich seiner „Pflicht“ gerade nicht mehr bewusst sei.
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